Dabei ist der Rechtspopulismus, auf den der in der Überschrift verlinkte Artikel mit Recht hinweist, nicht das eigentliche Problem - die Ursachen, die dazu geführt haben, liegen ganz woanders. Und sie liegen vor allem dort, wo sie im Grunde uns alle angehen. Denn auch unser Schweigen oder unterlassenes Handeln zu Unrecht und Ausbeutung usw. setzt Maßstäbe für die Zukunft der Ausgebeuteten und Entrechteten. Allein das Armuts- und damit Zufriedenheitsgefälle innerhalb der Europäischen Union spricht Bände. Und so hat auch der Rechtspopulismus von heute wie jener in vergangenen Zeiten seine spezifischen Ursachen - er kommt heute so wenig aus dem Blau des Himmels wie vor 80 oder vor 100 Jahren. Fremdenfeindlichkeit – oder genauer "die uns angeborene Skepsis gegenüber allem Fremden und Ungewohnten" – ebenso wie die damit verbundene Identitäts-suche und das dazugehörige Bewusstsein ist eine evolutionäre Eigenschaft, die der Spezies Mensch das Überleben sichern half in Zeiten, in denen das Humanum und die anderen Erkenntnisse von heute noch nicht gegeben waren. In einer geschichtlichen Epoche, in der dieses Skepsis-Gen jedoch eigentlich der Vergangenheit angehören sollte, in der der Mensch dank seines spirituell-geistigen Fortschritts seine evolutionären Triebstrukturen eigentlich längst überwunden haben sollte, stellen sich zuerst einmal grundsätzliche Fragen, warum sich so viele Menschen immer noch so stark von ihnen steuern lassen ...

Dies wirft tiefer gehende Fragen auf:

Könnte es sein, dass eine nicht geringe Minderheit, vielleicht sogar schon eine Mehrheit, unter einem wirtschaftlichen wie gesellschaftlichen Unrechtsvirus leidet und dank der Ursachen wie der Folgen einer fortschreitenden Globalisierung immer mehr merkt, dass jene, die dieses Virus mit zu verantworten haben, das allerwenigste dazu beitragen, damit es verschwindet?

Könnte es sein, dass Menschen, die gerade aus Unrechtssystemen entkommen waren, endlich einmal ihr Leben in Ruhe und Frieden genießen und am jahrelang neidisch betrachteten Wohlstand der Nachbarn partizipieren wollen und das heutige Unrecht am Anderen deswegen geflissentlich übersehen?

Könnte es sein, dass für die meisten Menschen die Komplexität der Welt und des Lebens so groß und eventuelle Lösungswege so undurchschaubar geworden sind, dass sie das Vertrauen in mögliche Lösungen, geschweige denn in die Kaste jener, die diese zu verwirklichen hätten, gänzlich verloren haben und nun zunehmend nach eigenen Regeln leben und das größte (und vielleicht letzte ...) Stück Kuchen für sich ergattern wollen?

Und könnte es schlussendlich sein, dass Kirchen und Staat, die klerikale wie die säkulare Führung, im Grunde versagt haben in der Frage, wie ein christliches und damit solidarisches, gerechtes und verantwortungsbewusstes Leben gegenüber dem Mitmenschen und der ganzen Schöpfung zu verwirklichen gewesen wäre?

All diese Fragen sollten vorab einer gerechten Beantwortung zugeführt werden und ein entsprechen-des Umdenken vor allem auf allen politischen Ebenen hervorrufen, lange bevor darüber nachgedacht werden kann, wie der Rechtspopulismus und damit die Gefahr erneuter nationaler Egoismen in den Griff zu bekommen seien. Ansonsten werden die Rechtspopulisten das übernehmen, wozu die breite Masse des Volkes zu bequem oder zu wenig couragiert war, nämlich im Notfall auch einmal mit Gewalt Recht und Gerechtigkeit einzufordern, auch wenn deren Gerechtigkeit dann höchstwahrscheinlich schreiendes Unrecht nach sich ziehen dürfte ...

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